Die neue Bundesregierung

Die Bildung der neuen Bundesregierung zeichnet sich nunmehr konkret ab. Es wird eine Koalition von SPD, Grünen und FDP sein, die sog. Ampelkoalition. Zwar ist ein Koalitionsvertrag noch nicht ausgehandelt, geschweige denn unterschrieben, doch ist der Wille zur Koalitionsbildung eindeutig und konkret.

Und das ist gut so! Denn Deutschland steht nach einer Phase der Stagnation an der Schwelle eines Neuanfangs. Und dieser ist in dieser Koalition möglich, wenn auch nicht sicher. Die drei Parteien verkörpern auf allen gesellschaftlich wichtigen Feldern einen festen Fortschrittsglauben und -willen. Sie haben viele deckungsgleiche Bereiche, zumindest in ihrer Zielsetzung. Um nur einige Beispiele zu nennen:

Klimaschutz, der ernstgenommen und konsequent angegangen wird,

Digitalisierung, die endlich konkret umgesetzt wird,

Bildung, eine Offensive, die zumindest die wichtigste Ressource unseres Landes, die gute Ausbildung der Bevölkerung, sichern will,

Gesellschaftliche Modernisierung, wie z.B.  bei der Gleichstellung von Frau und Mann, den verschiedenen geschlechtlichen Lebensformen, der Verkleinerung des Bundestages, der Senkung des Wahlalters,

und vieles anderes mehr!

Diese Ziele und auch viele weitere müssen erreicht werden durch einen echten Abbau von Bürokratie, durch eine Vereinfachung der Verfahren, durch Schaffung von transparenten, überschaubaren, praktikablen Gesetzen. Dazu gehört auch die personelle Verstärkung von Verwaltung und Justiz, damit die Verfahrensbeschleunigung überhaupt möglich werden kann.

In all diesen Punkten sind sich die Koalitionäre grundsätzlich einig, wenn auch die Details noch nicht feststehen, was auch in diesem frühen Stadium der Regierungsbildung noch nicht möglich ist. Wichtig ist, dass die Parteien diesen Willen haben und dass sie die ernste Absicht haben, Neues zu wagen, zu beginnen und zu gestalten und nicht nur, wie CDU/CSU in der alten Bundesregierung, überall Schwierigkeiten sehen und die Hemmnisse immer und immer wieder in den Vordergrund stellen.

Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg war schon einmal min einer solchen Lage, nämlich Mitte und Ende der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als Willy Brandt und die SPD und die FDP begannen, die verkrusteten Strukturen der Adenauerära aufzubrechen. Es war eine Zeit, in der die Jugend rebellierte, in der viele Kräfte etwas Neues wollten. Und die Zeit von Brandt und Scheel war ja nicht nur Ostpolitik sondern auch die Zeit der gesellschaftlichen Erneuerung. Zum Beispiel die Gleichstellung von Frau und Mann (bis heute nicht vollendet), die Gleichstellung von ehelichen und nicht ehelichen Kindern, ein neues Scheidungsrecht, das die wirtschaftliche Existenz der Frau in den Vordergrund stellte, ein entstaubtes, sich von den alten Sittenbildern lösendes Strafrecht usw.

Heute sind wir an einem ähnlichen Wendepunkt, nur nicht so krass! Aber wenn die jungen Wählerinnen und Wähler überwiegend Grüne und FDP gewählt haben und SPD und CDU/CSU bei ihnen nur auf den Plätzen drei und vier einkamen, dann ist das ein eindeutiges Zeichen, dass man, zumindest in der jungen Generation, nicht mehr so weiter machen will wie bisher. Aber auch in der übrigen Gesellschaft ist ein solches Gefühl, wenn auch nicht so stark, vorhanden.

Und diesem Gefühl gibt die neue Koalition Gesicht und Ausdruck. Diesen diesem Empfinden innewohnenden Schwung gilt es zu nutzen und schon bald nach der Regierungsbildung loszulegen. Die Menschen warten darauf, sie haben von dem Zaudern und Zögern der großen Koalition, die sie auf jeden Fall am Ende ihrer Regierungszeit an den Tag legte, die Nase voll.

Aber Vorsicht! Nicht im Überschwang vorstürmen und den zweiten und dritten Schritt vor dem ersten tun. Dies ist schon einmal einer Bundesregierung, nämlich der von Gerhard Schröder und Joschka Fischer 1998 nicht gut bekommen. Sie hat nach dem „Mehltau“ der Kohl-Zeit zu viel auf einmal gewollt, machte in der Hektik handwerkliche Fehler und verspielte viel Vertrauen. Besser ist es Schritt vor Schritt vorzugehen, durchaus zügig, aber überlegt.

Und ein weiteres wird man dieser Regierung ins Stammbuch schreiben müssen: Seid mutig und risikofreudig! Schreckt nicht vor Widerständen und ungerechten Anfeindungen zurück! Diese werden kommen! Aus der Opposition, wobei abzuwarten bleibt, wie lange CDU/CSU brauchen werden, sich neu zu formieren. Aus den verschiedenen Interessengruppen und Bürgerinitiativen, die in der Merkel-Zeit ungemein an Gewicht gewonnen und gelernt haben, Regierungsarbeit still zu legen. Und letztlich, und das ist am gefährlichsten, von den Medien. Gerade letztere sind ganz überwiegend an negativen Szenarien interessiert, weil das sich nach ihrem Selbstverständnis besser als gute Nachrichten verkauft.

Dem kann man aber mit konsequenter, solider Sachpolitik beikommen, wozu man aber Mut und Risikobereitschaft braucht. Verhält man sich in diesem Sinne, läuft Kritik, auch Schmähkritik, ins Leere. Dazu gehört aber auch eine innere Geschlossenheit der Parteien, ein Vorhalt, der sich insbesondere an die SPD richtet.

Fazit:

Die neue Bundesregierung von SPD, Grünen und FDP steht vor großen Aufgaben, dringenden Aufgaben zum Wohle Deutschlands. Sie hat die große Chance, Historisches zu leisten. Begleiten wir sie in unserem eigenen Interesse positiv und bleiben in unserer Kritik sachlich und ergebnisorientiert.