Krieg in Europa

Es ist Krieg in Europa. Wie konnte es soweit kommen? Was macht die NATO? Was können wir tun?

Gedanken Von Rolf Künne

Im Ukrainekrieg kann man von einigen Gewissheiten ausgehen:

  1. Es ist ein von Putin/Russland begonnener Angriffskrieg.

    Und der ist politisch, moralisch und rechtlich verwerflich! Er ist nach dem Völkerrecht und internationalen Strafrecht ein Verbrechen, das für die Verantwortlichen, hier insbesondere Putin, harte Strafen nach sich zieht. Wegen eines solchen Vorwurfs -Beginn eines Angriffskriegs – wurden unter anderem in den Nürnberger Prozessen einige Nazi -und Wehrmachtsgrößen zum Tode verurteilt.

    Natürlich wird eine solche Verurteilung Putin nicht treffen, weil man seiner nicht habhaft wird und weil man gegen einen solch mächtigen Staat wie Russland nichts unternehmen kann. Aber allein diese strafrechtliche Betrachtung zeigt die Ungeheuerlichkeit und Verwerflichkeit des Handelns von Putin und derjenigen, die im Sicherheitsrat Russlands dem zugestimmt haben.

  2. Russland wird militärisch diesen Krieg gewinnen.

    Es ist der Ukraine militärisch turmhoch überlegen. Ob es nach dem Sieg für Russland ein zweites Afghanistan oder gar ein russisches Vietnam geben wird, ist eher unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen.

  3. Die Nato/der Westen werden nicht militärisch zugunsten der Ukraine eingreifen.

    Sie sind dazu auch nicht verpflichtet, weil die Ukraine kein Nato-Mitglied ist. Ein militärischer Eingriff würde einen Weltkrieg bedeuten, an dem keinen gelegen sein kann.

Was also ist zu tun oder kann getan werden?

Zunächst einmal: was kann oder sollte nicht getan werden, neben der Unmöglichkeit des militärischen Eingriffs?

  • Man sollte seitens des Westens nicht mit Putin/Russland verhandeln.

Es macht schlichtweg keinen Sinn, mit Verhandlungswünschen an Putin heranzutreten. Es würde von Putin nur als Zeichen der Schwäche verstanden werden. Putin hat gezeigt, dass sein Wort nichts gilt, dass er lügt wie gedruckt. Macron und Scholz haben sich bei ihren Gesprächen gehörig die Finger verbrannt. Das heißt nicht, dass man nicht zu irgendeiner fernen Zeit wieder ins Gespräch kommen könnte; doch zurzeit sind Gesprächswünsche kontraproduktiv. Etwas anders sähe es aus, wenn Putin von sich aus, Gespräche anböte. Aber: Man darf dann auf keinen Fall vor lauter Glückseligkeit über die Möglichkeit der Gespräche die Sanktionen einfrieren oder gar aufheben, denn das könnte gerade das Kalkül Putins sein.

  • Gerade wir Deutschen sollten uns von sog. Solidaritätsadressen fernhalten.

Für die können sich die Ukrainer nichts „kaufen“. Sie verlieren im Moment Heimat und Freiheit und eventuelle Gesundheit und Leben. Was sollen sie mit solchen Phrasen anfangen, zumal die Deutschen ihnen vor Putins Einmarsch aus vorgeschobenem oder tatsächlichem Pazifismus nicht geholfen haben? Der Hinweis deutscher Politiker auf geleistete Wirtschaftshilfe ist lediglich der Ausdruck des schlechten Gewissens. Diese Geldhingabe nennt man gemeinhin „Scheckdiplomatie“!

  • Wir, d.h., Europa und Nordamerika, dürfen uns keinesfalls auseinander dividieren lassen.

Im Moment steht die Gemeinschaft, auch mit so widerspenstigen Kantonisten wie Polen und Ungarn. Aber denen brennt der Kittel! Die Probe aufs Exempel wird kommen, wenn die negativen wirtschaftlichen Folgen, die die Sanktionen für jeden westlichen Staat mit sich bringen werden, fühlbar werden. Da kann so mancher Staat, wenn es im eigenen Staat Rumoren und Wut wegen steigender Preise oder weiterer Nachteile geben wird, schnell ausscheren und versuchen, „sein Schäfchen ins Trockene zu bringen“. Das gilt auch -vielleicht gerade- für Deutschland. Man denke nur an die Energieabhängigkeit von Russland und den ausgeprägten Russlandhandel. Warum verhindert Deutschland im Moment wohl den Ausschluss Russlands aus Swift?

Was kann man tun?

  1. Man muss fühlbare und nicht symbolische Sanktionen bechließen. Mit dem Werfen von Büroklammern und Wattebäuschen ist Putin nicht beizukommen.
  2. Man braucht einen langen Atem! Putin hat sich gut vorbereitet. Er hat Reserven angelegt und hat sich die Unterstützung Chinas gesichert. (Es würde mich nicht wundern, wenn China sich demnächst über Taiwan hermachen würde,) Auf lange Sicht könnte es in der Tat für Putin eng werden, obwohl die Leidensfähigkeit des russischen Volkes weitaus größer ist als die der westlichen Bevölkerung.
  3. Wir müssen im Westen, besonders in Europa und insbesondere in Deutschland aufrüsten! Im Moment schützten uns vor einer Übernahme durch Russland nur die USA. Wir haben aber gesehen, als Trump Präsident war, wie wackelig dieser Schutz ist. Also müssen wir jetzt selbst für unseren Schutz sorgen. Und das wird viel Geld kosten, ist aber für unsere Sicherheit unabdingbar.
  4. Wir müssen die Reihen der westlichen Staaten inclusive der asiatischen/ozeanischen Partner wie Australien, Neuseeland, Japan, Südkorea, Malaysia, Thailand, Indonesien, Indien etc. schließen. Denn es spricht sehr viel dafür, dass es zum „Krieg der Systeme“, hie Russland/China, da der Westen kommen wird.
  5. Wir müssen unser Verhältnis zu China überdenken. Das wird das schwierigste von allem sein! Besonders für Deutschland! Viele Sanktionen gegen Russland werden ins Leere laufen, wenn die sanktionierten Dinge oder Geschäfte über China weiterlaufen. Denn China kann und wird alles an Russland weiterleiten, auch um sein aus Russland bezogenes Öl und Gas damit zu bezahlen.
    Eine Abstinenz oder auch nur eine starke Enthaltung vom chinesischen Markt wird für Deutschland schwer sein, aber wenn wir es ernst meinen, müssen wir das einkalkulieren. Wir sind zurzeit wirtschaftlich zu abhängig von China. Was Abhängigkeit bedeutet, merken wir gerade in der Energiefrage bei Russland.
  6. Wir müssen den ukrainischen Flüchtlingen eine -zumindest zeitweise- Heimstatt geben Das gilt für das ganze westliche Europa, aber insbesondere für Deutschland. Und in Deutschland darf die Aufnahme dieser Menschen nicht von unserem Bürokratismus behindert oder gar verhindert werden.

Fazit:

Es werden harte Zeiten auf uns zukommen. Aber wenn wir unsere Werte, also insbesondere unsere liberale Demokratie, behalten wollen, müssen wir den Kampf aufnehmen, was auch handeln und nicht nur reden bedeutet.